Nun, wie soll ich am besten beginnen um euch diese zugegebener Maßen seltsame Geschichte die mir widerfahren ist so getreu wie möglich darzustellen.
Ich sollte wohl am Anfang beginnen.
Wie häufig während eines Jahres, nahm ich einen Kurzurlaub, lediglich einige Tage, um in meine Wahlheimatstadt London zurück zu kehren. Ich liebe diese pulsierende Stadt. Ihren Geruch, ihre Farben, ihre Melodie. Ist euch schon einmal aufgefallen, dass jede Stadt ihren persönlichen Geruch und ihre besondere, einzigartige Melodie hat. Aber ich streife ab.
Diese Stadt, bietet so vieles. Buntes Treiben, multikulturelles Leben, leuchtende Straßen und Plätze, aber eben auch düstere, geheimnisvolle Ecken. Diese faszinieren mich gleichermaßen und in London gibt es viele solche Orte zu entdecken. Man muss sich einfach nur treiben lassen und ab und an die gewohnt touristischen Pfade verlassen.
Bei diesem Besuch jedoch musste ich nicht suchen oder mich in das zugegebener Maßen recht gruselige Whitechapel auf die Spuren von Jack the Ripper begeben. Es ergab sich wie von selbst, dass ich eine der seltsamsten Geschichten an die ich mich erinnern kann erleben durfte.
Ich hatte ein Hotel vorab gebucht, da sich eine spontane Hotelsuche in London recht schwierig gestalten kann. Vor allem wenn man Wert drauf legt wo sich das Hotel befindet und welchen Preis man bereit ist zu zahlen. Ich liebe es mit dem Bus zu fahren, vor allem in dieser großen Stadt. Man benötigt zwar etwas Zeit, aber man sieht vieles und erlebt die Metropole aus einer besonderen Perspektive. Außerdem lässt sie sich sehr gut zu Fuß erkunden, vorausgesetzt man wählt eine zentral gelegene Bleibe.
Aus diesen Gründen fiel die Entscheidung auf ein kleines, sehr modernes Hotel äußerst zentral in der St. Martins Lane im Bezirk Westminster Central gelegen. Für all jene, die noch nicht das Vergnügen hatten diese fantastische Stadt zu besuchen sei gesagt, dass einige der wichtigsten Orte und Sehenswürdigkeiten wie Trafalgar Square, National Gallery, Covent Garden und St. James´ Park innerhalb von 5 Minuten von dort fußläufig erreichbar sind. Und wenn man einen kleinen Spaziergang von 10 Minuten nicht scheut kann man ohne Probleme Buckingham Palace oder Westminster Abbey so wie die Themse erreichen.
Als ich aus dem Bus stieg um mich vorbei am Trafalgar Square zu meiner Linken und dem Südafrika Haus zu meiner Rechten in Richtung St. Martins Square, einem großzügigen Platz mit einer wunderschönen gotischen Kirche zu begeben, wusste ich bereits, dass ich eine hervorragende Wahl getroffen hatte. Nach ungefähr 200 Metern mündete der Kirchenplatz in die schmale einspurig befahrene St. Martins Lane.
Ich entdeckte sofort das breite Angebot an Lokalitäten die von Frühstück bis Dinner auch vor dem Opernbesuch keine Wünsche offen ließ. Es war ein sonniger Tag und ich fühlte mich rundherum zufrieden mit den ersten Stunden meiner Reise.
Dieses Gefühl verstärkte sich noch als ich die Hotelhalle betrat. Ein kleiner übersichtlicher Front Desk mit einem höflichen jungen Mann erwartete mich. Ich durfte meinen Koffer ohne Problem abgegeben, da mein Zimmer noch nicht für mich bereit war. Es war früh am Morgen und ich hatte nicht erwartet es bereits beziehen zu können.
Ohne belastendes Gepäck, dachte ich daran die Gegend zu erkunden. Also trat ich hinaus in den Sonnenschein und sah ein Lokal gegenüber des Hotels. Ich überquerte die Straße um die Speisekarte zu inspizieren. Es wurde Frühstück so wie Mittagstisch gleichermaßen angeboten, stellte ich zu meiner Zufriedenheit fest. Also so dachte ich, mein morgendliches Frühstück ist gesichert.
Als ich mich umwandte entdeckte ich links vom Eingang meines Hotels ein interessantes Gebäude. Es war in auffällig und denn noch elegantem Petrol gestrichen. Vor dem Eingang befand sich links und rechts je ein Blumentropf mit kunstvoll zurechtgestutztem Buchsbaum. Das Haus war sehr schmal, es hatte gerade je ein Fenster pro Stockwerk Platz. Ich zählte drei Stockwerke und einen Dachausbau. Die Fenster zierten weiße Gardinen um vor neugierigen Blicken zu schützen. Ich konnte allerdings Schreibtischlampen hinter den Gardinen entdecken. Abgesehen von den Buchsbäumen gab es eine Flügeltüre, ebenfalls in Petrol gestrichen. Die Türe war mäßig beleuchtet.
Ich hob meinen Blick und las den in Goldlettern angebrachten Schriftzug über dem Türrahmen.
L I B R A R Y
Ein eigenartiges Haus dachte ich. Es zog mich magisch an. Interessiert überquerte ich die Straße und trat in den Schatten der Häuserzeile. Dabei hatte ich auf den Verkehr vergessen und ein Auto kam nur Millimeter von mir entfernt mit quietschenden Reifen zum Stehen. Ich stand wohl unter Schock, denn ich betrat so als wäre nichts geschehen den Gehsteig. Dennoch erwartete ich, dass der Fahrer des Wagens, wie sich herausstellte handelte es sich um einen großen schwarzen Van mit getönten Scheiben, sogleich aussteigen und in breitem englischen Dialekt auf mich ein brüllen würde, was sein gutes Recht war.
Aber nichts dergleichen geschah.
Der Mann öffnete die Fahrertüre, sah mich kurz an um dann einen Koffer aus dem Wagen zu hieven und sich schnurstracks in Richtung der petrolfarbigen Flügeltüre zu begeben. Sein teurer Anzug war ebenso dunkel wie seine versteinerte Miene, die absolut nichts über seine Gedanken betreffend meiner Person oder des Geschehnisses das die Reifen seines Vans empfindlich belastet hatte verriet.
Atemlos stand ich vor dem Haus und überlegte was zu tun sei. Die Türe wurde lautlos von einem weiteren Mann in dunklem Anzug geöffnet, der Fahrer mit dem Koffer verschwand wieselflink im Haus und die Türe wurde geschlossen.
Ich begann mich wieder zu bewegen, machte einen unentschlossenen Schritt auf den Eingang zu und sah gerade noch, dass in Eile schwere Samtvorhänge geschlossen wurden.
Nun, für den Moment konnte ich nichts entdecken. Dennoch, meine Neugierde war geweckt und ich würde abends nochmals versuchen einen Blick hinter die Vorhänge zu erhaschen.
Stunden später, als ich zu meinem Hotel zurückkam, war das Haus nebenan dunkel. Ich war enttäuscht und trollte mich recht unzufrieden in mein Hotelzimmer um zu Bett zu gehen.
Nachdem ich am nächsten Morgen, nach einer erholsamen, traumlosen Nacht recht früh erwachte, packte mich der große Frühstückshunger. Nach raschem duschen entschloss ich mich im Lokal gegenüber meines Hotels ein mächtiges, englisches Frühstück mit Würstchen, Spiegeleiern und Bohnen einzunehmen.
Zugegeben entschied ich mich auch deshalb für das Lokal, weil man von dort einen perfekten Blick auf die "Library" hatte.
Als ich das Lokal betrat, war es menschenleer. Lediglich hinter dem Tresen war ein Kellner mit allerlei Räumerei beschäftigt. Ich sah mich um und wählte einen Platz beim Fenster. Als ich mich setzte bemerkte ich, dass es furchtbar zog was wohl daran lag, dass der Platz gleich neben dem verglasten Eingang war und die Türe nicht richtig schloss. Auch der Kellner wollte mich aus diesem Grund dazu bewegen den Tisch zu wechseln, aber ich zog mein Wollcape enger um mich und versicherte der Platz sei genau richtig.
Der Blick war einwandfrei. Zuerst tat sich nichts, doch nach ungefähr 10 Minuten hielt ein schwarzer Van vor dem Haus. Ein Mann stieg aus und betrat kurz darauf das Haus. Viel mehr konnte ich nicht erkennen, weil mir der halbe Wagen den Blick versperrte. Aber ich war mir sehr sicher, dass er wieder einen Koffer dabei hatte.
Mein Frühstück war kalt geworden, aber dennoch essbar und der Hunger tat sein Übriges.
Um nicht gleich nachdem ich aufgegessen hatte gehen zu müssen, ließ ich mir Kaffee nachschenken. Etwas Amerikanisch zugegeben, aber es verschaffte mir mehr Zeit. Die mitgebrachte Zeitung musste herhalten. Ich las keine Zeile, starrte aber zum Haus hinüber ohne zu vergessen ab und an eine Seite umzublättern.
Nach weiteren 15 Minuten tat sich etwas. Die Türe der "Library" wurde geöffnet, der Fahrer stieg in den Van und fuhr davon.
So dachte ich, jetzt reicht es mir. Ich schloss die Zeitung, zahlte und stürmte auf die Straße. Diese Neugierde. Das seltsame Gefühl in der Magengegend. Was hatte es mit diesem Haus auf sich.
Ich lief über die Straße, diesmal wartete ich ab bis ein Taxi an mir vorbeifuhr. Wuchtete mich zum Eingang und sah durch einen schmalen Spalt der Samtvorhänge.
Hinter der Flügeltüre befand sich eine weitere Tür. Dahinter schummriges Licht, auf der linken Seite ein kleiner Tresen. Dahinter standen zwei Männer mit Funkgeräten. Rechts ebenfalls ein Mann mit Anzug und Funkgerät. Das sah nach Security aus.
Geradeaus verlief ein Gang und am Ende des Gangs konnte ich ein Bücherregal erkennen. Offenbar Viktorianisch aus dunklem Holz, ungefähr 3 Meter hoch und 2 Meter breit. Reiche Verzierungen am oberen Ende und an den Seiten. Allerdings konnte ich nicht erkennen was sie darstellten.
Im Regal, Bücher - was sonst. Sehr alte Bücher wie mir schien. Ich hatte ähnliche tags zuvor im Britischen Museum gesehen. Die Einbände waren aus vergilbtem Leder, manche der Bücher mehr als einen Meter hoch. Gerade als ich einen näheren Blick riskieren wollte wurde der Mann auf der rechten Seite des Raums auf mich aufmerksam und schloss mit einer raschen Handbewegung den Samtvorhang.
Nun einen kleinen Sieg hatte ich errungen; dachte ich ein wenig zufrieden. Aber was hatte ich entdeckt?! War es doch nur eine Bibliothek und gar kein mystisches Haus hinter dessen Türen sich Geheimnisvolles tat?!
Mein Bauch sagte etwas anderes und einer Eingebung folgend zückte ich mein Smartphone, begab mich auf die gegenüberliegende Straßenseite und machte ein Foto. Ich wollte diesen seltsamen Eindruck im Bild festhalten und hoffte so vielleicht eine Antwort auf meine Fragen zu finden.
Ich hatte nicht den ganzen Tag Zeit um mich mit dem Haus zu befassen, ging also unter Tags meinen Pflichten nach, nicht ohne abends beim vorbei gehen an der Türe einen Blick zu riskieren.
Der Samtvorhang war geöffnet. Ich hielt die Luft an. Wollte stehenbleiben, aber andererseits nicht riskieren entdeckt zu werden. Also positionierte ich mich etwas seitlich vom Eingang.
Es bot sich das gleiche Bild wie schon am Morgen. Das Licht war lediglich etwas gedämpfter und in einer Nische die ich zuvor nicht gesehen hatte befand sich ein Topf mit einer exotisch aussehenden Grünpflanze.
Die Männer mit ihren Funkgeräten standen da, sprachen kein Wort und es war auch sonst nicht zu erkennen, was eigentlich ihre Aufgabe war. Es wurde kein Telefon abgehoben, nicht an einem Computer gearbeitet, niemand hineingelassen, noch verließ jemand das Haus.
Als ich das Hotel betrat fand ich ein mir fremdes Mädchen in der Halle die mich freundlich begrüßte und fragte ob sie mir helfen könnte. Ja sagte ich das könne sie indem sie mir wohl Informationen zu dem Haus nebenan geben würde. Sie dachte kurz nach, zuckte dann mit den Schultern und entschuldigte sich. Sie sei neu hier, hätte erst vorige Woche ihre Arbeit aufgenommen und könnte gar nichts zu dem Haus nebenan sagen. Aber sie versprach einen ihrer Kollegen vom Frühdienst zu fragen wenn er gegen acht Uhr morgens eintreffen würde.
Nachdem ich eine kurze Nachdenkpause in meinem Zimmer eingelegt hatte, nahm ich all meinen Mut zusammen zog eine Jacke über und nahm den Lift ins Erdgeschoß.
Ich trat auf die Straße, atmete zweimal tief ein und ging die paar Schritte zum Eingang des Nebenhauses.
Dort angekommen, klopfte ich an die Türe, da ich mich nicht entscheiden konnte welchen der geschätzten 30 Klingelknöpfe ich drücken sollte. Als ich noch damit beschäftigt war daran zu denken, dass es seltsam war so viele Klingeln in so einem kleinen Haus zu haben wurde der Vorhang bei Seite geschoben und die Türe eine Spalt geöffnet. Es war einer der großen dunkel gekleideten Männer mit finsterer Miene die ich bereits am Vortag und heute Morgens gesehen hatte.
Ein knappes Yes?! war alles was er von sich gab. Und als ich noch nach Worten rang, meinte er bereits " This is a privat place - you have no permission to enter!" Zack das saß!
„Ich wollte nur“, stammelte ich, „ ich wollte nur wissen was das für ein Haus ist. Ob es sich um eine Bibliothek handelt oder....“
Er sah mich mit unveränderter Unfreundlichkeit an, "Im not allowed to give any information".
Und schon wurde die Türe vor meiner Nase zugeschlagen.
Da stand ich nun. Er hatte mir unmissverständlich klar gemacht, dass ich keine Chance hätte einen Fuß in das Haus zu setzen und er war nicht befugt mir Informationen zu geben.
Nun das war unbefriedigend. Erst jetzt bemerkte ich, dass mein Herz hämmerte und sich von einer Minute zur anderen quälende Kopfschmerzen eingestellt hatten.
Ich konnte noch nicht schlafen; also gönnte ich mir Tee in der kleinen Bar des Hotels. Nachdem ich eine Tablette genommen hatte, fiel ich gegen zwei Uhr morgens endlich in einen unruhigen Schlaf. Der Anzugmann verfolgte mich in meinen Träumen. Er wollte einen Zugangscode von mir wissen, immer und immer wieder. Aber ganz gleich welche Zahl ich ihm nannte, es war immer die Falsche.
Ich wachte gegen sieben Uhr wie gerädert auf und konnte einfach nicht mehr im Bett bleiben. Nach einer kurzen Katzenwäsche beschloss ich mir erst mal Kaffee zu holen und eine Nachdenkzigarette zu rauchen.
Als ich in die Lobby kam sah ich niemanden. Auf dem Tresen des Frühstücksbuffets köchelte bereits Filterkaffee. Ich bediente mich einfach selbst, zog mein Cape enger um mich, ich wusste die Morgenluft auf der Insel ist frisch und klar.
Als ich hinaustrat, begrüßte mich ein grauer, kühler Morgen. Es hatte nachts wohl geregnet, die Straße war nass und weitere Wolken begannen sich gerade wieder zusammenzubrauen.
Ich fröstelte unter meinem Cape, umklammerte meinen Kaffeebecher mit beiden Händen um meine Finger zu wärmen. Die Straße war mit Menschen gefüllt die es eilig hatten zur Arbeit zu kommen. Autos waren keine zu sehen. Ich schlenderte langsam auf die andere Straßenseite, wanderte langsam ein Stück die St. Martins Lane hinauf, machte nach einigen Metern kehrt und blickte ganz automatisch zum Haus neben meinem Hotel.
Mir stockte der Atem. Mir war im ersten Moment nicht klar was ich da wirklich sah. Ich hastete einige schnelle Schritte in Richtung des Hauses. Ich musste mich geirrt haben. Aber nein, es war tatsächlich so....zwischen meinem Hotel und dem nächsten Haus klaffte eine Lücke. Nicht sehr groß, nicht besonders auffallend, aber sie war da. Genau dort wo die "Library" stehen sollte, wo sie noch vor ein paar Stunden stand, war ....Nichts!
Der Kaffeebecher glitt mir einfach so aus der Hand und fiel auf den Gehsteig wo er vom Wind getrieben davonrollte und eine dunkelbraune Spur entlang des Gehsteigs hinterließ.
Ich stand da, regungslos und hörte mich selbst "Nein, nein" sagen. Das stupide Nein wiederholte sich immer und immer wieder.
Mein Hirn suchte nach einer Erklärung für das was meine Augen sahen oder besser nicht sahen. Und plötzlich, nach einem unendlich langen Moment des Selbstzweifels fiel mir das Foto ein, das ich mit meinem Smartphone gemacht hatte. Wie von Sinnen lief ich über die Straße, hastete die Stufen zu meinem Zimmer hoch und schnappte mir mein Telefon. Mit zittrigen Fingern tippte ich wild auf das Display bis ich endlich das Foto fand. Erleichtert ließ ich mich auf mein Bett fallen. Erleichtert, weil das Foto mir die Sicherheit gab, dass ich mir das Haus nicht eingebildet hatte.
Im nächsten Moment sickerte allerdings die ungeheuerliche Tatsache, dass das Haus verschwunden war in mein Bewusstsein und alles was ich denken konnte war " das glaubt mir keiner!"
Nach einigen Minuten und einer weiteren Tablette gegen meine wiederkehrenden Kopfschmerzen verließ ich mein Hotelzimmer, mein Smartphone immer noch in der Hand, umklammert, als wäre es ein Rettungsanker auf hoher, stürmischer See und wankte zum Aufzug. Im Erdgeschoß angekommen begrüßte mich der nette junge Mann vom Ankunftstag gut gelaunt, fröhlich und offensichtlich ausgeruht trotz der frühen Stunde.
In diesem Moment bog auch seine Kollegin um die Ecke. Als sie mich sah erinnerte sie sich wohl wieder an ihr Versprechen, nickte mir lächelnd zu und begann ihren Kollegen bezüglich meiner Frage zu informieren.
Ich kam langsam näher, doch sein erstaunter Gesichtsausdruck machte mir augenblicklich klar, dass er keine Ahnung hatte wovon seine Kollegin sprach. Er murmelte nur, Haus, gleich nebenan? Welches Haus denn? Ich sah ihn offen an, versuchte in seinem Gesicht zu lesen was er dachte. Alles was ich erkannte war dass er nichts wusste. Verzweiflung kroch in mir hoch, begann sich auszubreiten und ich versuchte nun selbst ihm begreiflich zu machen, dass ich lediglich Auskunft bezüglich des Hauses nebenan wollte. Um mein Begehren zu unterstützen zeigte ich ihm das Bild auf meinem Smartphone. Er sah es sich genau an, schüttelte aber dann den Kopf und meinte er kenne das Gebäude nicht und er würde jedes Gebäude hier in der Nähe des Hotels kennen.
In diesem Moment erkannte ich, dass ganz gleich was ich sagen würde, mir niemand hier weiterhelfen konnte.
Ich bestellte mir einen weiteren Kaffee und setzte mich an den kleinen Tisch vor dem Hotel. Immer wieder drehte ich mich zu der Stelle an der die "Library" gestanden hatte. Aber jedes Mal musste ich feststellen, dass sich dort nur eine Lücke zwischen zwei Häusern befand.
Während ich nervös meine Zigarette rauchte fragte ich mich was in dieser Nacht geschehen war und ob jemand die Geschehnisse beobachtet hatte. Wohin war dieses Haus verschwunden und was war überhaupt in diesem Haus vor sich gegangen. Was war in den schwarzen Koffern die von schwarz gekleideten Männern gebracht wurden.
Wenn du Antworten und/oder Informationen hast, die meine Fragen beantworten können schreibe mir bitte;)
PS: Wenn nun einige von euch daran denken einen Blick hinter die Fassade zu werfen, indem sie das World Wide Web nutzen dann wünsch ich viel Erfolg. Diese Idee hatte ich ebenfalls und abgesehen davon, dass nichts wirklich Informatives über die „Library“ zu finden ist, bleibt die Tatsache, dass das Haus samt Eingang, Buchsbäumen, Vorhängen und Leselampen einfach von der St. Martins Lane und vom Erdboden verschwunden ist.
Ich sollte wohl am Anfang beginnen.
Wie häufig während eines Jahres, nahm ich einen Kurzurlaub, lediglich einige Tage, um in meine Wahlheimatstadt London zurück zu kehren. Ich liebe diese pulsierende Stadt. Ihren Geruch, ihre Farben, ihre Melodie. Ist euch schon einmal aufgefallen, dass jede Stadt ihren persönlichen Geruch und ihre besondere, einzigartige Melodie hat. Aber ich streife ab.
Diese Stadt, bietet so vieles. Buntes Treiben, multikulturelles Leben, leuchtende Straßen und Plätze, aber eben auch düstere, geheimnisvolle Ecken. Diese faszinieren mich gleichermaßen und in London gibt es viele solche Orte zu entdecken. Man muss sich einfach nur treiben lassen und ab und an die gewohnt touristischen Pfade verlassen.
Bei diesem Besuch jedoch musste ich nicht suchen oder mich in das zugegebener Maßen recht gruselige Whitechapel auf die Spuren von Jack the Ripper begeben. Es ergab sich wie von selbst, dass ich eine der seltsamsten Geschichten an die ich mich erinnern kann erleben durfte.
Ich hatte ein Hotel vorab gebucht, da sich eine spontane Hotelsuche in London recht schwierig gestalten kann. Vor allem wenn man Wert drauf legt wo sich das Hotel befindet und welchen Preis man bereit ist zu zahlen. Ich liebe es mit dem Bus zu fahren, vor allem in dieser großen Stadt. Man benötigt zwar etwas Zeit, aber man sieht vieles und erlebt die Metropole aus einer besonderen Perspektive. Außerdem lässt sie sich sehr gut zu Fuß erkunden, vorausgesetzt man wählt eine zentral gelegene Bleibe.
Aus diesen Gründen fiel die Entscheidung auf ein kleines, sehr modernes Hotel äußerst zentral in der St. Martins Lane im Bezirk Westminster Central gelegen. Für all jene, die noch nicht das Vergnügen hatten diese fantastische Stadt zu besuchen sei gesagt, dass einige der wichtigsten Orte und Sehenswürdigkeiten wie Trafalgar Square, National Gallery, Covent Garden und St. James´ Park innerhalb von 5 Minuten von dort fußläufig erreichbar sind. Und wenn man einen kleinen Spaziergang von 10 Minuten nicht scheut kann man ohne Probleme Buckingham Palace oder Westminster Abbey so wie die Themse erreichen.
Als ich aus dem Bus stieg um mich vorbei am Trafalgar Square zu meiner Linken und dem Südafrika Haus zu meiner Rechten in Richtung St. Martins Square, einem großzügigen Platz mit einer wunderschönen gotischen Kirche zu begeben, wusste ich bereits, dass ich eine hervorragende Wahl getroffen hatte. Nach ungefähr 200 Metern mündete der Kirchenplatz in die schmale einspurig befahrene St. Martins Lane.
Ich entdeckte sofort das breite Angebot an Lokalitäten die von Frühstück bis Dinner auch vor dem Opernbesuch keine Wünsche offen ließ. Es war ein sonniger Tag und ich fühlte mich rundherum zufrieden mit den ersten Stunden meiner Reise.
Dieses Gefühl verstärkte sich noch als ich die Hotelhalle betrat. Ein kleiner übersichtlicher Front Desk mit einem höflichen jungen Mann erwartete mich. Ich durfte meinen Koffer ohne Problem abgegeben, da mein Zimmer noch nicht für mich bereit war. Es war früh am Morgen und ich hatte nicht erwartet es bereits beziehen zu können.
Ohne belastendes Gepäck, dachte ich daran die Gegend zu erkunden. Also trat ich hinaus in den Sonnenschein und sah ein Lokal gegenüber des Hotels. Ich überquerte die Straße um die Speisekarte zu inspizieren. Es wurde Frühstück so wie Mittagstisch gleichermaßen angeboten, stellte ich zu meiner Zufriedenheit fest. Also so dachte ich, mein morgendliches Frühstück ist gesichert.
Als ich mich umwandte entdeckte ich links vom Eingang meines Hotels ein interessantes Gebäude. Es war in auffällig und denn noch elegantem Petrol gestrichen. Vor dem Eingang befand sich links und rechts je ein Blumentropf mit kunstvoll zurechtgestutztem Buchsbaum. Das Haus war sehr schmal, es hatte gerade je ein Fenster pro Stockwerk Platz. Ich zählte drei Stockwerke und einen Dachausbau. Die Fenster zierten weiße Gardinen um vor neugierigen Blicken zu schützen. Ich konnte allerdings Schreibtischlampen hinter den Gardinen entdecken. Abgesehen von den Buchsbäumen gab es eine Flügeltüre, ebenfalls in Petrol gestrichen. Die Türe war mäßig beleuchtet.
Ich hob meinen Blick und las den in Goldlettern angebrachten Schriftzug über dem Türrahmen.
L I B R A R Y
Ein eigenartiges Haus dachte ich. Es zog mich magisch an. Interessiert überquerte ich die Straße und trat in den Schatten der Häuserzeile. Dabei hatte ich auf den Verkehr vergessen und ein Auto kam nur Millimeter von mir entfernt mit quietschenden Reifen zum Stehen. Ich stand wohl unter Schock, denn ich betrat so als wäre nichts geschehen den Gehsteig. Dennoch erwartete ich, dass der Fahrer des Wagens, wie sich herausstellte handelte es sich um einen großen schwarzen Van mit getönten Scheiben, sogleich aussteigen und in breitem englischen Dialekt auf mich ein brüllen würde, was sein gutes Recht war.
Aber nichts dergleichen geschah.
Der Mann öffnete die Fahrertüre, sah mich kurz an um dann einen Koffer aus dem Wagen zu hieven und sich schnurstracks in Richtung der petrolfarbigen Flügeltüre zu begeben. Sein teurer Anzug war ebenso dunkel wie seine versteinerte Miene, die absolut nichts über seine Gedanken betreffend meiner Person oder des Geschehnisses das die Reifen seines Vans empfindlich belastet hatte verriet.
Atemlos stand ich vor dem Haus und überlegte was zu tun sei. Die Türe wurde lautlos von einem weiteren Mann in dunklem Anzug geöffnet, der Fahrer mit dem Koffer verschwand wieselflink im Haus und die Türe wurde geschlossen.
Ich begann mich wieder zu bewegen, machte einen unentschlossenen Schritt auf den Eingang zu und sah gerade noch, dass in Eile schwere Samtvorhänge geschlossen wurden.
Nun, für den Moment konnte ich nichts entdecken. Dennoch, meine Neugierde war geweckt und ich würde abends nochmals versuchen einen Blick hinter die Vorhänge zu erhaschen.
Stunden später, als ich zu meinem Hotel zurückkam, war das Haus nebenan dunkel. Ich war enttäuscht und trollte mich recht unzufrieden in mein Hotelzimmer um zu Bett zu gehen.
Nachdem ich am nächsten Morgen, nach einer erholsamen, traumlosen Nacht recht früh erwachte, packte mich der große Frühstückshunger. Nach raschem duschen entschloss ich mich im Lokal gegenüber meines Hotels ein mächtiges, englisches Frühstück mit Würstchen, Spiegeleiern und Bohnen einzunehmen.
Zugegeben entschied ich mich auch deshalb für das Lokal, weil man von dort einen perfekten Blick auf die "Library" hatte.
Als ich das Lokal betrat, war es menschenleer. Lediglich hinter dem Tresen war ein Kellner mit allerlei Räumerei beschäftigt. Ich sah mich um und wählte einen Platz beim Fenster. Als ich mich setzte bemerkte ich, dass es furchtbar zog was wohl daran lag, dass der Platz gleich neben dem verglasten Eingang war und die Türe nicht richtig schloss. Auch der Kellner wollte mich aus diesem Grund dazu bewegen den Tisch zu wechseln, aber ich zog mein Wollcape enger um mich und versicherte der Platz sei genau richtig.
Der Blick war einwandfrei. Zuerst tat sich nichts, doch nach ungefähr 10 Minuten hielt ein schwarzer Van vor dem Haus. Ein Mann stieg aus und betrat kurz darauf das Haus. Viel mehr konnte ich nicht erkennen, weil mir der halbe Wagen den Blick versperrte. Aber ich war mir sehr sicher, dass er wieder einen Koffer dabei hatte.
Mein Frühstück war kalt geworden, aber dennoch essbar und der Hunger tat sein Übriges.
Um nicht gleich nachdem ich aufgegessen hatte gehen zu müssen, ließ ich mir Kaffee nachschenken. Etwas Amerikanisch zugegeben, aber es verschaffte mir mehr Zeit. Die mitgebrachte Zeitung musste herhalten. Ich las keine Zeile, starrte aber zum Haus hinüber ohne zu vergessen ab und an eine Seite umzublättern.
Nach weiteren 15 Minuten tat sich etwas. Die Türe der "Library" wurde geöffnet, der Fahrer stieg in den Van und fuhr davon.
So dachte ich, jetzt reicht es mir. Ich schloss die Zeitung, zahlte und stürmte auf die Straße. Diese Neugierde. Das seltsame Gefühl in der Magengegend. Was hatte es mit diesem Haus auf sich.
Ich lief über die Straße, diesmal wartete ich ab bis ein Taxi an mir vorbeifuhr. Wuchtete mich zum Eingang und sah durch einen schmalen Spalt der Samtvorhänge.
Hinter der Flügeltüre befand sich eine weitere Tür. Dahinter schummriges Licht, auf der linken Seite ein kleiner Tresen. Dahinter standen zwei Männer mit Funkgeräten. Rechts ebenfalls ein Mann mit Anzug und Funkgerät. Das sah nach Security aus.
Geradeaus verlief ein Gang und am Ende des Gangs konnte ich ein Bücherregal erkennen. Offenbar Viktorianisch aus dunklem Holz, ungefähr 3 Meter hoch und 2 Meter breit. Reiche Verzierungen am oberen Ende und an den Seiten. Allerdings konnte ich nicht erkennen was sie darstellten.
Im Regal, Bücher - was sonst. Sehr alte Bücher wie mir schien. Ich hatte ähnliche tags zuvor im Britischen Museum gesehen. Die Einbände waren aus vergilbtem Leder, manche der Bücher mehr als einen Meter hoch. Gerade als ich einen näheren Blick riskieren wollte wurde der Mann auf der rechten Seite des Raums auf mich aufmerksam und schloss mit einer raschen Handbewegung den Samtvorhang.
Nun einen kleinen Sieg hatte ich errungen; dachte ich ein wenig zufrieden. Aber was hatte ich entdeckt?! War es doch nur eine Bibliothek und gar kein mystisches Haus hinter dessen Türen sich Geheimnisvolles tat?!
Mein Bauch sagte etwas anderes und einer Eingebung folgend zückte ich mein Smartphone, begab mich auf die gegenüberliegende Straßenseite und machte ein Foto. Ich wollte diesen seltsamen Eindruck im Bild festhalten und hoffte so vielleicht eine Antwort auf meine Fragen zu finden.
Ich hatte nicht den ganzen Tag Zeit um mich mit dem Haus zu befassen, ging also unter Tags meinen Pflichten nach, nicht ohne abends beim vorbei gehen an der Türe einen Blick zu riskieren.
Der Samtvorhang war geöffnet. Ich hielt die Luft an. Wollte stehenbleiben, aber andererseits nicht riskieren entdeckt zu werden. Also positionierte ich mich etwas seitlich vom Eingang.
Es bot sich das gleiche Bild wie schon am Morgen. Das Licht war lediglich etwas gedämpfter und in einer Nische die ich zuvor nicht gesehen hatte befand sich ein Topf mit einer exotisch aussehenden Grünpflanze.
Die Männer mit ihren Funkgeräten standen da, sprachen kein Wort und es war auch sonst nicht zu erkennen, was eigentlich ihre Aufgabe war. Es wurde kein Telefon abgehoben, nicht an einem Computer gearbeitet, niemand hineingelassen, noch verließ jemand das Haus.
Als ich das Hotel betrat fand ich ein mir fremdes Mädchen in der Halle die mich freundlich begrüßte und fragte ob sie mir helfen könnte. Ja sagte ich das könne sie indem sie mir wohl Informationen zu dem Haus nebenan geben würde. Sie dachte kurz nach, zuckte dann mit den Schultern und entschuldigte sich. Sie sei neu hier, hätte erst vorige Woche ihre Arbeit aufgenommen und könnte gar nichts zu dem Haus nebenan sagen. Aber sie versprach einen ihrer Kollegen vom Frühdienst zu fragen wenn er gegen acht Uhr morgens eintreffen würde.
Nachdem ich eine kurze Nachdenkpause in meinem Zimmer eingelegt hatte, nahm ich all meinen Mut zusammen zog eine Jacke über und nahm den Lift ins Erdgeschoß.
Ich trat auf die Straße, atmete zweimal tief ein und ging die paar Schritte zum Eingang des Nebenhauses.
Dort angekommen, klopfte ich an die Türe, da ich mich nicht entscheiden konnte welchen der geschätzten 30 Klingelknöpfe ich drücken sollte. Als ich noch damit beschäftigt war daran zu denken, dass es seltsam war so viele Klingeln in so einem kleinen Haus zu haben wurde der Vorhang bei Seite geschoben und die Türe eine Spalt geöffnet. Es war einer der großen dunkel gekleideten Männer mit finsterer Miene die ich bereits am Vortag und heute Morgens gesehen hatte.
Ein knappes Yes?! war alles was er von sich gab. Und als ich noch nach Worten rang, meinte er bereits " This is a privat place - you have no permission to enter!" Zack das saß!
„Ich wollte nur“, stammelte ich, „ ich wollte nur wissen was das für ein Haus ist. Ob es sich um eine Bibliothek handelt oder....“
Er sah mich mit unveränderter Unfreundlichkeit an, "Im not allowed to give any information".
Und schon wurde die Türe vor meiner Nase zugeschlagen.
Da stand ich nun. Er hatte mir unmissverständlich klar gemacht, dass ich keine Chance hätte einen Fuß in das Haus zu setzen und er war nicht befugt mir Informationen zu geben.
Nun das war unbefriedigend. Erst jetzt bemerkte ich, dass mein Herz hämmerte und sich von einer Minute zur anderen quälende Kopfschmerzen eingestellt hatten.
Ich konnte noch nicht schlafen; also gönnte ich mir Tee in der kleinen Bar des Hotels. Nachdem ich eine Tablette genommen hatte, fiel ich gegen zwei Uhr morgens endlich in einen unruhigen Schlaf. Der Anzugmann verfolgte mich in meinen Träumen. Er wollte einen Zugangscode von mir wissen, immer und immer wieder. Aber ganz gleich welche Zahl ich ihm nannte, es war immer die Falsche.
Ich wachte gegen sieben Uhr wie gerädert auf und konnte einfach nicht mehr im Bett bleiben. Nach einer kurzen Katzenwäsche beschloss ich mir erst mal Kaffee zu holen und eine Nachdenkzigarette zu rauchen.
Als ich in die Lobby kam sah ich niemanden. Auf dem Tresen des Frühstücksbuffets köchelte bereits Filterkaffee. Ich bediente mich einfach selbst, zog mein Cape enger um mich, ich wusste die Morgenluft auf der Insel ist frisch und klar.
Als ich hinaustrat, begrüßte mich ein grauer, kühler Morgen. Es hatte nachts wohl geregnet, die Straße war nass und weitere Wolken begannen sich gerade wieder zusammenzubrauen.
Ich fröstelte unter meinem Cape, umklammerte meinen Kaffeebecher mit beiden Händen um meine Finger zu wärmen. Die Straße war mit Menschen gefüllt die es eilig hatten zur Arbeit zu kommen. Autos waren keine zu sehen. Ich schlenderte langsam auf die andere Straßenseite, wanderte langsam ein Stück die St. Martins Lane hinauf, machte nach einigen Metern kehrt und blickte ganz automatisch zum Haus neben meinem Hotel.
Mir stockte der Atem. Mir war im ersten Moment nicht klar was ich da wirklich sah. Ich hastete einige schnelle Schritte in Richtung des Hauses. Ich musste mich geirrt haben. Aber nein, es war tatsächlich so....zwischen meinem Hotel und dem nächsten Haus klaffte eine Lücke. Nicht sehr groß, nicht besonders auffallend, aber sie war da. Genau dort wo die "Library" stehen sollte, wo sie noch vor ein paar Stunden stand, war ....Nichts!
Der Kaffeebecher glitt mir einfach so aus der Hand und fiel auf den Gehsteig wo er vom Wind getrieben davonrollte und eine dunkelbraune Spur entlang des Gehsteigs hinterließ.
Ich stand da, regungslos und hörte mich selbst "Nein, nein" sagen. Das stupide Nein wiederholte sich immer und immer wieder.
Mein Hirn suchte nach einer Erklärung für das was meine Augen sahen oder besser nicht sahen. Und plötzlich, nach einem unendlich langen Moment des Selbstzweifels fiel mir das Foto ein, das ich mit meinem Smartphone gemacht hatte. Wie von Sinnen lief ich über die Straße, hastete die Stufen zu meinem Zimmer hoch und schnappte mir mein Telefon. Mit zittrigen Fingern tippte ich wild auf das Display bis ich endlich das Foto fand. Erleichtert ließ ich mich auf mein Bett fallen. Erleichtert, weil das Foto mir die Sicherheit gab, dass ich mir das Haus nicht eingebildet hatte.
Im nächsten Moment sickerte allerdings die ungeheuerliche Tatsache, dass das Haus verschwunden war in mein Bewusstsein und alles was ich denken konnte war " das glaubt mir keiner!"
Nach einigen Minuten und einer weiteren Tablette gegen meine wiederkehrenden Kopfschmerzen verließ ich mein Hotelzimmer, mein Smartphone immer noch in der Hand, umklammert, als wäre es ein Rettungsanker auf hoher, stürmischer See und wankte zum Aufzug. Im Erdgeschoß angekommen begrüßte mich der nette junge Mann vom Ankunftstag gut gelaunt, fröhlich und offensichtlich ausgeruht trotz der frühen Stunde.
In diesem Moment bog auch seine Kollegin um die Ecke. Als sie mich sah erinnerte sie sich wohl wieder an ihr Versprechen, nickte mir lächelnd zu und begann ihren Kollegen bezüglich meiner Frage zu informieren.
Ich kam langsam näher, doch sein erstaunter Gesichtsausdruck machte mir augenblicklich klar, dass er keine Ahnung hatte wovon seine Kollegin sprach. Er murmelte nur, Haus, gleich nebenan? Welches Haus denn? Ich sah ihn offen an, versuchte in seinem Gesicht zu lesen was er dachte. Alles was ich erkannte war dass er nichts wusste. Verzweiflung kroch in mir hoch, begann sich auszubreiten und ich versuchte nun selbst ihm begreiflich zu machen, dass ich lediglich Auskunft bezüglich des Hauses nebenan wollte. Um mein Begehren zu unterstützen zeigte ich ihm das Bild auf meinem Smartphone. Er sah es sich genau an, schüttelte aber dann den Kopf und meinte er kenne das Gebäude nicht und er würde jedes Gebäude hier in der Nähe des Hotels kennen.
In diesem Moment erkannte ich, dass ganz gleich was ich sagen würde, mir niemand hier weiterhelfen konnte.
Ich bestellte mir einen weiteren Kaffee und setzte mich an den kleinen Tisch vor dem Hotel. Immer wieder drehte ich mich zu der Stelle an der die "Library" gestanden hatte. Aber jedes Mal musste ich feststellen, dass sich dort nur eine Lücke zwischen zwei Häusern befand.
Während ich nervös meine Zigarette rauchte fragte ich mich was in dieser Nacht geschehen war und ob jemand die Geschehnisse beobachtet hatte. Wohin war dieses Haus verschwunden und was war überhaupt in diesem Haus vor sich gegangen. Was war in den schwarzen Koffern die von schwarz gekleideten Männern gebracht wurden.
Wenn du Antworten und/oder Informationen hast, die meine Fragen beantworten können schreibe mir bitte;)
PS: Wenn nun einige von euch daran denken einen Blick hinter die Fassade zu werfen, indem sie das World Wide Web nutzen dann wünsch ich viel Erfolg. Diese Idee hatte ich ebenfalls und abgesehen davon, dass nichts wirklich Informatives über die „Library“ zu finden ist, bleibt die Tatsache, dass das Haus samt Eingang, Buchsbäumen, Vorhängen und Leselampen einfach von der St. Martins Lane und vom Erdboden verschwunden ist.